Abschied und Neuanfang in Wien

Liebe Schönstattfamilie,

ich möchte Ihnen heute zwei Bilder präsentieren, die eine tiefgreifende Wirklichkeit beschreiben und wichtige Erkenntnisse vermitteln. Diese Bilder sollen uns inspirieren und leiten, während wir gemeinsam über unsere Reise in der Schönstattbewegung und die Bedeutung unserer Erfahrungen nachdenken.

Das erste Bild, das ich Ihnen vorstelle, ist das Coenaculum – jener Ort, an dem die Apostel, die Gottesmutter und die Frauen in Erwartung des Heiligen Geistes zusammengekommen sind. Es erinnert an die Zeit vor Pfingsten, als die Jünger unsicher über ihre Zukunft waren. Nach der Auferstehung Jesu befanden sie sich in einer Phase der Veränderung und Unsicherheit. Sie hatten das Wissen um seine Worte und Taten, doch die Bedeutung und Konsequenzen wurden erst nach und nach klar. Diese Phase der Unsicherheit und des Wartens auf den versprochenen Heiligen Geist spiegelt sich im Bild des Coenaculums wider.

In dieser unsicheren Zeit des Zweifels und der Suche nach Orientierung hatte die Gottesmutter eine besondere Rolle. Sie brachte die Apostel und Frauen, die Jesus gefolgt waren, wieder zusammen. In Gemeinschaft und im Gebet schufen sie einen Raum, in dem sie über das nachdachten, was Jesus gelehrt und getan hatte. Diese besondere Zeit des Miteinanders und Wartens war von einer offenen Atmosphäre geprägt, in der Gottes Geist spürbar war. Schließlich brach der Heilige Geist über sie herein und schenkte ihnen neues Licht, Verständnis und Kraft. Dieses Ereignis von Pfingsten war ein Wendepunkt, der die Jünger in die Lage versetzte, ihre Berufung und Sendung klarer zu erkennen und mit Begeisterung zu erfüllen.

Die Parallelen zwischen dieser Erfahrung und dem Schönstatt-Heiligtum sind bemerkenswert. Schönstatt ist ebenfalls ein Ort des Miteinanders, des Gebets und des Wartens auf den Heiligen Geist. Hier kommen Menschen zusammen, um über das Wirken Jesu und seine Lehren nachzudenken. Im Heiligtum spüren wir die Gegenwart der Gottesmutter, die uns anregt, eine tiefere Beziehung zu Christus zu entwickeln. Wie die Jünger können auch wir im Heiligtum eine neue Erkenntnis, ein neues Licht und eine stärkende Kraft erfahren.

Das zweite Bild, das ich Ihnen präsentieren möchte, ist das Bild des Töpfers. Er formt aus Ton ein Gefäß. Hier symbolisiert der Töpfer Gott, der uns formt und gestaltet, während der Ton für unser Leben steht. Es ist eine Allegorie für die Erziehungstätigkeit der Gottesmutter und ihre liebevollen Hände, die uns formen und prägen. Doch nicht nur die Gottesmutter, sondern auch Sie alle – die Mitglieder der Schönstattfamilie – sind die guten Hände des Töpfers. Ihre Einflüsse und Beiträge haben dazu beigetragen, mich zu formen und zu verändern. Ich bin nicht derselbe Mensch, der vor vielen Jahren nach Österreich gekommen ist. Ihre Unterstützung, Lehren und Erfahrungen haben mich geprägt und weiterentwickelt.

Gleichzeitig möchte ich die Frage stellen: Haben auch Sie die Erziehungstätigkeit der Gottesmutter durch Menschen um Sie herum erlebt? Die Schönstattbewegung ist eine Gemeinschaft, in der Menschen sich gegenseitig begleiten, unterstützen und ermutigen. Jeder von uns trägt dazu bei, die guten Hände des Töpfers zu sein, um andere zu formen und zu stärken.

In unserer diesjährigen Parole – "mehr leben, lieben, wachsen" – finden wir eine tiefe Bedeutung für unsere Schönstattreise. Sie erinnert uns daran, dass das Leben in all seinen Facetten, die Liebe in all ihren Ausdrucksformen und das kontinuierliche Wachstum wichtige Ziele sind.

Das Lied vom Töpfer, das den Werdegang eines Menschen beschreibt, spiegelt diese Parole wider. Die erste Strophe erinnert an eine unbeschwerte Kindheit, die von Liebe und Fürsorge von Eltern, Lehrern und Freunden geprägt ist. Es ist eine Zeit des Paradieses, in der wir Geborgenheit und Gemeinschaft erfahren.

Die zweite Strophe spricht von Herausforderungen der Liebe, Sehnsucht, Leid, Verzweiflung und Hoffnung. Diese Phasen sind untrennbar mit dem Leben verbunden. Sie erinnern uns daran, dass die Liebe in schwierigen Zeiten besonders gefordert ist. Hier ist Demut und Bereitschaft zur Verzeihung von großer Bedeutung. Verletzungen und Enttäuschungen sind Teil des menschlichen Lebens, aber die Liebe kann diese Schwierigkeiten überwinden und sogar gestärkt daraus hervorgehen.

Die dritte Strophe beschreibt das Wachsen von innen heraus. Das ist auch ein zentrales Thema in der Schönstattbewegung. Gesundes Wachstum beginnt in unserem Inneren und strahlt nach außen. Dieses Wachstum habe ich persönlich in Österreich erlebt, während ich mit Ihnen als Schönstattfamilie zusammen war. Es war eine Zeit des gemeinsamen Wachsens, des Austauschs und der gegenseitigen Unterstützung. Ihre Vertrauensbeweise und Ihr Engagement haben mich ermutigt und gestärkt.

Die Botschaft der diesjährigen Parole und des Liedes ist klar: Jetzt ist die Zeit für Veränderung, Neuanfänge und aktives Umsetzen unserer Ziele. Es ist Zeit, Abschied zu nehmen und Platz für neue Möglichkeiten zu schaffen. Die Eröffnung des neuen Schönstattzentrums ist ein symbolischer Neuanfang, der uns ermutigt, unser Engagement für Schönstatt zu intensivieren und die Botschaft in die Welt zu tragen.

In dieser Zeit des Übergangs und Neuanfangs möchte ich meine Dankbarkeit für Sie alle ausdrücken. Ihre Unterstützung, Liebe und Weisheit haben meine Zeit in Österreich geprägt und bereichert. Es war eine Zeit des Miteinanders, des Wachsens und der Freundschaft. Ich ermutige Sie, den Geist der Jahresparole in Ihrem Leben zu verkörpern und aktiv am Wachstum der Schönstattbewegung teilzunehmen.

Möge die Gottesmutter uns auf diesem Weg begleiten und mit ihrem mütterlichen Segen stärken. Gemeinsam können wir die Ziele von "mehr leben, lieben, wachsen" erreichen und unsere Schönstattreise fortsetzen.

 

P. Felix Strässle

 

 


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