Am 9. Mai 2021 war ein besonderer Tag

Mein Kursmitbruder Johannes Oelighoff wurde zum Priester geweiht und ich zum Diakon. Nicht nur für uns persönlich, sondern auch für unsere ganze Gemeinschaft ist ein solcher Tag Anlass zur Freude.

Die Berufung zweier Menschen findet durch eine solche Feier ihren konkreten Ausdruck. Vielleicht ist weniger entscheidend, dass unser Berufungsweg ein (Zwischen-) Ziel erreicht hat – zumal Berufung ein lebenslanger Vorgang ist. Vielmehr ist eine Weihe sichtbares Zeichen dessen, zu dem Gott uns ruft und darüber hinaus die Aussendung, in der Welt als Priester und Diakon zu wirken.

Bischof Stephan Ackermann, der uns die Weihe gespendet hat, bezog sich in der Predigt auf drei Elemente, auf die ich gerne etwas näher eingehen möchte. Er sprach von Erwählung, Hingab­e und Freude.

Das erste Wort – Erwählung –, auf das ich etwas ausführlicher eingehen möchte, erklingt im Evangelium, das wir uns für die Feier ausgesucht haben, auf folgende Weise: „Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt.“ (Joh 15,16) Jesus ergreift die Initiative. Er macht den ersten Schritt und so scheint es, dass wir Menschen dieser Tatsache passiv gegenüberstehen. Mich beschäftigen dabei die Fragen: Wie können wir uns dazu verhalten? Können wir da nur „ja und amen“ sagen, besonders dann, wenn Gott es ist, der erwählt?

Ich glaube, das Entscheidende ist die eigene Zustimmung oder eben die freie Entscheidung, nein sagen zu können. Wie beim passiven Wahlrecht – bei dem man sich zur Verfügung stellt und gewählt werden kann – ist die Wahl erst gültig, wenn der Kandidat die Wahl annimmt. Es braucht das aktive Moment, eine Antwort, sonst bleibt jede Erwählung wirkungslos. In der Weiheliturgie wird das an mehreren Stellen deutlich: zum einen zu Beginn der Feier, wenn der Kandidat aufgerufen und mit „Hier bin ich“ antwortet; zum anderen vor der eigentlichen Weihehandlung, wenn der Kandidat die Bereitschaft bekundet, seinen Dienst am Volk Gottes auszuüben.

Ein spannender Aspekt aus der Predigt von Bischof Ackermann war, dass seiner Meinung nach „das tiefste Glück des Menschen darin besteht, erwählt zu werden.“ Da wir heutzutage so viele Wahlmöglichkeiten haben, die wir selbst treffen können, ist es umso schöner, wenn wir von jemand anderem ausgewählt werden. In einer Welt mit so vielen Möglichkeiten, ist es etwas Wunderbares, wenn mir jemand sagt: „Ich meine Dich, nur Dich.“

Das zweite Wort der Predigt lautete Hingabe – ein großes Wort! Inhaltlich gipfelt sie in dem Weihespruch, den wir uns für die Liturgie ausgesucht haben: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Freunde hingibt.“ (Joh 15,13) Dieses hohe Ideal ließe sich nochmal übertreffen, wenn Jesus uns sagen würde: „Es gibt keine größere Liebe, als wenn einer sein Leben für seine Feinde hingibt.“ Bischof Ackermann wies darauf hin, dass doch eigentlich Letzteres noch viel größer wäre. Warum also heißt es im Evangelium „Freunde“? Es scheint, dass Jesus gar nicht zwischen Freund und Feind trennt. Es geht weniger darum, die Menschen einzuteilen, sondern jeden erst einmal als Freund, als meinen Nächsten zu sehen. Das sei manchmal der schwierigste Schritt. Darüber hinaus kann es auch sein, dass Jesus uns in der Hingabe auch nicht überfordern will. So als würde er uns Mut machen wollen: „Versuch deine Freunde zu lieben, fang einfach mal damit an!“

Schließlich ist da noch der Aspekt der Freude. Bischof Ackermann sagte dazu: „Sie ist der eigentliche Zielpunkt von Jesu Auftrag. Nicht Entbehrung, nicht Selbstverleugnung sind das Ziel, sondern die Freude: ‚Dies habe ich euch gesagt, damit meine Freude in euch ist und damit eure Freude vollkommen wird.‘ (Joh 15,11) Die Freude des Evangeliums ist keine oberflächliche Heiterkeit. Sie ist auch nicht zu verwechseln mit permanent guter Laune, mit dem Anspruch, immer ‚gut drauf zu sein‘. Sie ist auch nicht purer Enthusiasmus. Vielmehr hat sie ihre eigene Tiefe. Die Freude, von der Jesus spricht, ist nicht so sehr das Resultat von Erfolgen und von Zustimmung (so gut uns beides zweifellos tut). Die Freude des Evangeliums entspringt aus dem Bewusstsein der Erwählung, aus der Gewissheit, vom Herrn gekannt und geliebt zu sein (vgl. Lk 10,20).“

Berufung entfaltet ihre Kraft, wenn der Mensch auf Gottes Erwählung vertraut, wenn er weiß, wofür er sein Leben einsetzt und wenn er aus der Freude des Evangeliums lebt.

Ich wünsche Ihnen, dass die Elemente von Erwählung, Hingabe und Freude auch in Ihrem Leben immer wieder aufscheinen und dadurch Gottes Spuren sichtbar werden.

Herzliche Grüße

Jakob Busch


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