Im Oktober 2021 war ich im südlichen Afrika für die „Schönstatt-Oktober-Wochenenden“ in Südafrika und in Simbabwe. Die Reise war anders als gewöhnlich, weil ich die Covid-Bestimmungen beachten musste. Die Regelungen sind zurzeit sehr streng in Südafrika, aber die Reise ist gut verlaufen.
Es ist mir schon am Anfang bei der Schönstatt-Familie in Simbabwe aufgefallen und danach auch in Südafrika, dass das Lebensgefühl, bedingt durch die Corona-Pandemie, ähnlich ist wie in Deutschland:
- Wir möchten nicht nur digitale Kontakte erleben!
- Wir möchten unsere Enkelkinder besuchen können!
- Wir möchten in die Kirche gehen, nicht nur per Zoom Hl. Messen miterleben!
- Wie sieht die Zukunft aus?
Nach einer kurzen Zeit waren die Gespräche ähnlich wie mit den Familien in Deutschland: Wie könnten wir das „Hausheiligtum“ neu beleben und was bedeutet das Hausheiligtum eigentlich?
Das Hausheiligtum neu sehen
Es wäre durchaus denkbar, dass die Familien warten, bis die Pandemie vorbei ist und deswegen eigentlich nichts neu und kreativ gestalten. Diese Antwort wäre aber unzureichend. Es ist eine Herausforderung und Einladung zugleich, dass wir das Hausheiligtum neu sehen. Alle Familien sind eingeladen, kreativ zu werden. Das Hausheiligtum kann zu einer „Konkretisierung des religiösen Lebens“ führen. Es wäre zum Beispiel möglich, am Sonntag zu sagen: Wegen Covid gehen wir nicht in die Hl. Messe, aber wir können gemeinsam zuhause im Hausheiligtum beten.
Im Matthäusevangelium (18,20) lesen wir dazu: „Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.“ Wo Christus ist, da ist die Kirche wirksam.
Einige Aspekte des „Hausheiligtums“
Es ist zuerst und vor allem ein Ort der Gnade. Pater Kentenich sagt: „Wie dieselbe Sonne überall scheint, aber an bestimmten Orten und in eigenartig gelagerten Gegenden besondere Fruchtbarkeit entfaltet, und wie es da und dort auf der Erde hervorragende Heilquellen gibt, so wirkt auch die Gottesmutter an ihren Gnadenorten in ganz vorzüglicher Weise, das heißt, sie wirkt dort mehr und reichlicher und fruchtbarer, als sie es an anderen Orten zu tun pflegt.“
Er spricht in diesem Zusammenhang immer wieder von der „Baustelle Heiligtum“ – Was wir darunter verstehen? Die verschiedensten Arten von Heiligtümern – Urheiligtum, Filialheiligtum, Hausheiligtum und auch das Herzensheiligtum – „Wisst ihr nicht, dass ihr Tempel Gottes seid und der Geist Gottes in euch wohnt?“ (1 Kor 3,16). Das Hausheiligtum also ein Ort der Gnade!
Darüber hinaus sind wir eingeladen, in unserem Hausheiligtum seelische Beheimatung zu erleben und in origineller Weise den „Wandel mit Gott“ zu konkretisieren. Im Hausheiligtum erleben wir, dass wir – besonders in dieser Zeit der Unsicherheit – nicht allein sind. Wir leben in personalen Beziehungen mit Gott und der Gottesmutter und untereinander als Familie.
In dieser besonderen Zeit haben wir oft wenig persönlichen Kontakt mit unseren Familien und auch mit unseren Freunden in der Gemeinde. Das Hausheiligtum ist eine mögliche Antwort auf eine „Entpersonalisierung“ der Ortskirche. Wir sind eingeladen, das Evangelium Jesu Christi neu zu personalisieren und zu lokalisieren, zu verorten im Hausheiligtum, und es so zur persönlich erfahrenen Lebensgeschichte zu machen. Wir haben eine Bibel in unserem Hausheiligtum, aber auch viele Bilder unserer eigenen Geschichte, und bringen dadurch unsere persönliche Lebensgeschichte mit dem lebendigen Gott in Verbindung – wir können dann z.B. sprechen vom „Evangelium nach Familie Müller“! Das Hausheiligtum also ein Ort einer neuen Qualität lebendiger und personaler Beziehungen, die wir trotz Corona und digitaler Distanz erleben dürfen.
Das Hausheiligtum ist auch eine lebendige Werkstatt: Der „Krug“ im Hausheiligtum lädt uns ein, im Liebesbündnis mit der Gottesmutter „Beiträge zum Gnadenkapitel“ zu bringen. Alles, was wir in dieser Zeit erleben – Freude und Leid, Erfolge und Misserfolge, Ängste, Fragen und Unsicherheiten in unserem Leben – annehmen und der Gottesmutter in den Krug legen, damit es zum reichen Segen für viele Menschen wird!
Maria, die „christusgestaltete Frau“ ist im Hausheiligtum präsent und wirkt dort zugleich als „christusgestaltende Frau“, d.h. als Mutter und Erzieherin, als ein „Coach“ mit dem Ziel, dass Christus in uns wiedergeboren wird.
Ein lebendiges Hausheiligtum ist schließlich auch ein Ort des Dialoges untereinander und mit Gott. Es ist für uns:
- ein Ort des täglichen Gebetes,
- ein Ort der gläubigen Betrachtung des Lebens (Nachkosten und Vorkosten!),
- ein Ort des Lobes, des Dankes und der Freude,
- ein Ort der Bitten,
- ein Ort, wo Kreuz und Leid gewandelt werden.
Ein „Geistliches Zentrum“
Unser Hausheiligtum ist ein geistlicher Ort. Im Hausheiligtum wird das Leben in der Familie geheiligt und Gott ist gegenwärtig, nicht zuletzt im gelebten „Sakrament der Ehe“. In der Familie feiern wir in dieser Zeit Gottesdienst („Liturgie“). Und Kreativität und Freude werden wach im Lebensrhythmus der Familie, nicht nur an Sonn- und Feiertagen, sondern auch im gewöhnlichen Alltag.
Als „geistliches Zentrum“ hat unser Hausheiligtum eine Ausstrahlungskraft und wird zur Anlaufstelle für viele Menschen in unserer Umgebung. Sie sind mit ihren Anliegen und Bitten, Fragen und Sorgen bei uns willkommen, finden Trost und Rat und Unterstützung und können neu gestärkt und zuversichtlich ihren Lebensweg weitergehen. Unser Glaubenszeugnis ist hier konkret gefragt!
Wünschen wir uns allen, dass wir das Hausheiligtum als eine Kraftquelle erfahren, um dadurch ruhig und gelassen in dieser Zeit leben zu können!
„Dein Heiligtum ist unser Nazareth, in dem die Christussonne wärmend steht.
Sie formt mit ihrem klaren, hellen Lichte die heilige Familiengeschichte,
weckt stille, starke Werktagsheiligkeit in seliger Familieneinigkeit.
Im Nazareth für heimatlose Zeiten will den Familien Gott Heil bereiten
und gnädig Werktagsheiligkeit verleihen, wo Menschen sich dem Schönstattwerke weihn.
Lass, Mutter, Christus heller in uns scheinen, in heiliger Gemeinschaft uns vereinen,
zu jedem Opfer jederzeit bereit, wie's unsere heilige Sendung uns gebeut.“
(J. Kentenich, Himmelwärts)
Pater Michael Hagan