"Tanzender Christus"

Mit dem Monat Mai sind wir mitten im Frühling angekommen. Die Blumen entfalten ihre Farbenpracht, die Vögel veranstalten morgens immer neu ein Konzert und draußen schießt alles ins Grün. Mich fasziniert es jedes Jahr aufs Neue, wie die Natur das Leben hervorbringt.
Und da passt es einfach wunderbar, dass wir uns mitten in der Osterzeit befinden, mit der wir das größtmögliche Fest begehen, das die Christenheit kennt. Mit Ostern feiern wir, dass das Leben siegt, dass der Mut stärker ist als die Angst, dass es immer neu Grund zur Hoffnung gibt. Die Natur ist damit wie ein Spiegelbild für uns Menschen. Auch in uns will immer neu Leben aufbrechen. Es will sich zeigen, was an Kraftvollem in uns lebendig ist.
Ich möchte mit Ihnen noch einen weiteren Gedanken über Ostern vertiefen. Vor einigen Jahren erzählte mir ein Mitbruder von einer Christusdarstellung, die er vor einer Kirche an der Nordsee gesehen hat. Vergangenes Jahr konnte ich mir dann in meinem Urlaub selbst ein Bild davon machen. Es handelt sich dabei um den „Tanzenden Christus“, eine viereinhalb Meter große Skulptur an der Pfarrkirche in Schillig. Jesus ist als Tänzer dargestellt, die Hände in die Luft gereckt; als jemand, der sich voll Freude nach oben streckt, während seine Füße sich leicht und schwungvoll zum Tanz öffnen.
Die Bronzeplastik wurde 1970 für eine Ausstellung angefertigt. Ein Kunsthändler erwarb später die Figur und über Umwege gelangte die Skulptur Mitte der 90er Jahre in die Kirchengemeinde an der Nordseeküste. Wenn die Gemeinde jedes Jahr die Osternacht feiert, wird zu Füßen des „Tanzenden Christus“ das Osterfeuer entzündet.
Ein wunderbares Bild: Jesus selbst tanzt als Ausdruck seiner Lebensfreude zur Musik der Auferstehung. Wenn wir uns klar machen, was wir an Ostern feiern, dann könnten auch wir Menschen gar nicht anders als zu tanzen, unsere Freude durch Bewegung zum Ausdruck bringen. Es geht um eine Kraft, eine Freude, die uns so erfüllt, dass wir mit neuer Kraft starten; etwas, das uns neu motiviert, zum Aufbruch drängt. Wie in der Geschichte von den Emmaus-Jüngern gibt es den Drang aufzustehen, aufzubrechen, nachdem man die große Freude im eigenen Leben realisiert hat (Lk24,33). Ich bin fest davon überzeugt, dass das Bedürfnis, unsere Freude zum Ausdruck bringen zu wollen, ein Grundbedürfnis von uns Menschen ist. Ob wir nun tanzen, singen, schreiben, die Geselligkeit suchen – jeder Mensch hat seine eigene Formen, die Freude zum Ausdruck zu bringen – häufig hat es diesen Drang nach außen, den Wunsch die Freude mit anderen zu teilen.
Ostern ist für mich aber nicht nur das Fest der Freude, die sich zeigen will. Ich begreife es auch als eine Einladung Gottes, der uns zum Tanz bittet. So als würde er auf einer riesigen Tanzfläche auf uns zukommen, uns einladen, dass wir uns zur Musik des Lebens bewegen: geführt von ihm, im Vertrauen auf den Klang, gehalten in seinem Arm. Er macht uns mit Ostern Mut, uns neu auf diesen Tanz einzulassen, in dem er uns nicht nur festhält, sondern auch immer wieder loslässt, damit wir uns – wie der „Tanzende Christus“ – frei und gelöst zur Musik des Lebens bewegen.
Ich hoffe sehr, dass Sie Gott immer wieder als den Einladenden erleben dürfen, der Freude am Leben hat. Ich möchte mich noch einmal im Namen der Schönstatt-Patres bei Ihnen für Ihre Verbundenheit bedanken.
Herzliche Grüße
P. Jakob Busch

1 Kommentar

  • Lieber Pater Busch!
    Ganz herzlichen Dank für Ihre tanzenden Ostergedanken! Sie bringen in mir vieles in Erinnerung und in Bewegung. Ich kenne den “tanzenden Christus” in Schillig. Tanzen und beten gehören für mich zusammen: sich innerlich ansprechen lassen vom Wort Gottes muss etwas in Bewegung bringen – und nicht nur die Gedanken. Gefühle, Sorgen und Freude suchen ihren AUS-druck. Zugleich kann tanzende Bewegung mich innerlich bewegen und ins Gebet führen. Sehr schön hat auch Richard Rohr in “Der göttliche Tanz” (adeo, 2016) das Wesen des göttlichen Tanzes dargelegt. So soll der Österliche Tanz (auch eine mittelalterliche Tradition) uns zuversichtlich ins weitere Kirchenjahr führen.
    Vielen Dank und herzlichen Gruß
    Hannelie Jestädt

    Hannelie Jestädt

Hinterlassen Sie einen Kommentar

Bitte beachten Sie, dass Kommentare vor der Veröffentlichung freigegeben werden müssen